Wie viele Blätter hat ein Baum?

Der Frühling ist da und die Bäume und Büsche um uns herum erblühen in einem wunderbar frischen Grün. Wer würde aber wohl auf die Idee kommen, die B...

  • 27. April 2020
  • 4 Min. Lesezeit
  • Sonia Craven

Der Frühling ist da und die Bäume und Büsche um uns herum erblühen in einem wunderbar frischen Grün. Wer würde aber wohl auf die Idee kommen, die Blätter eines Baumes tatsächlich einmal zu zählen? Wohl niemand... ausser vielleicht ein Recruiter während eines Job-Interviews. Nicht direkt natürlich – aber er könnte dir genau eine solche Frage stellen, um herauszufinden, ob du in der Lage bist, eine gute Schätzung abzugeben.{:.intro-text}

Der Baum-Brainteaser:

Brainteaser Rätsel Baum Blätter

Die Fragestellung:

Im Frühling "schlagen die Bäume aus", wie es so schön heisst. Aber wie viele Blätter hat ein Baum eigentlich? Und wie kannst du zu einer guten Schätzung bei dieser Fermi-Frage kommen?

Einordnung der Frage: Worum geht es?

Diese Denksportaufgabe gehört zu den sogenannten Fermi-Fragen. Darunter versteht man eine quantitative Abschätzung für ein Problem, zu dem so gut wie keine Daten verfügbar sind. Der Physiker Enrico Fermi pflege seine Studenten mit derlei Aufgaben zu konfrontieren, um ihnen beizubringen, auf schnellem Weg eine Lösung durch eine begründete Schätzung zu finden. Diese Schätzungen beruhen auf realistischen Annahmen, die dann in Rechenschritte umgesetzt werden müssen.

Rückfragen stellen: Dos und Don’ts

Damit du von Beginn an richtig mit der Situation umgehst und dein Vorgehen planen kannst, solltest du zunächst die Regeln für den Ablauf und den Umgang mit der Brainteaser-Frage abklären. Damit zeigst du dem Recruiter einerseits dein Interesse an einer Lösung und erfährst zusätzlich, in welchem Rahmen du dich bei der Antwortfindung bewegen kannst. Dabei solltest du unbedingt einige allgemeine Dos und Don’ts beachten:

Allgemeine Dos:

  • Schau deinem Gegenüber in die Augen. Durch Blickkontakt kannst du den einen oder anderen Hinweis erhalten, den andere nicht bekommen.

Dos Beispielformulierungen:

  • «Darf ich Ihnen Rückfragen stellen? Und wenn ja, wie viele Rückfragen sind gestattet?»
  • «Von welchem Baum soll ich ausgehen und für welche Jahreszeit soll ich die Anzahl der Blätter schätzen?»

Allgemeine Don’ts:

  • Frag nicht nach Fakten, die du kennen solltest: Zum Beispiel die Anzahl der Wochen oder Tage eines Jahres oder wie viele Meter ein Kilometer hat.
  • Stell nicht zu viele Fragen. Nicht der Recruiter soll dir eine Antwort geben, sondern du ihm.
  • Verlier dich bei deinen Fragen nicht in Details.

Don’ts Beispielformulierung:

  • «Ist die Frage witzig gemeint? Ich kann damit jetzt gar nichts anfangen und wüsste auch nicht, wie ich eine Lösung finden könnte. Vielleicht gehen wir einfach zur nächsten Frage über, die direkt etwas mit der ausgeschriebenen Position zu tun hat.»

Analytisches Vorgehen bei Fermi-Fragen – in 12 Schritten zum Erfolg

  1. Du kannst nicht von Beginn an wissen, wie du vorgehen musst. Sammle also zunächst alle Daten, die du für eine Berechnung brauchen kannst. Fang erst dann mit dem Rechnen an.
  1. Geh analytisch vor und zwar vom Grossen zum Kleinen.
  1. Visualisiere die Situation, bevor du mit deinen Berechnungen loslegst.
  1. Arbeite mit Stift und Zettel (wenn es erlaubt ist); das wird dir bei der Lösung helfen.
  1. Überlege dir, welche Zahlen du für die Lösung benötigst. Unterscheide hierbei zwischen Fakten, die du kennst, und Annahmen, die du treffen musst.
  1. Verbalisiere deine Überlegungen. Nur so kann der Recruiter deinen Überlegungen folgen und diese bewerten.
  1. Fasse die Situation zusammen, bevor du dein Ergebnis präsentierst.
  1. Begründe dein Ergebnis und stelle deinen Lösungsweg dar. Dies ist der Hauptbestandteil der Aufgabe, den der Recruiter bewerten wird. Nicht so sehr die Lösung als solche!
  1. Rechne mit runden Zahlen, das vereinfacht deine Rechnungen.
  1. Rechne selbstbewusst auf Basis deiner getroffenen Annahmen ein Ergebnis aus und präsentiere es.
  1. Hast du falsche Überlegungen angestellt, so rechne nicht weiter, sondern revidiere deine bisherigen Annahmen.
  1. Führe immer erst einen Gedanken aus und schliesse eine Überlegung ab, ehe du mit einer neuen startest.

Möglicher Lösungsweg mit den von uns getroffenen Annahmen

Hier sei zunächst vorweggenommen, dass es für einen Brainteaser im Allgemeinen nicht DIE Lösung gibt. Meist gibt es mehrere Ansätze, denen man folgen kann. Bitte sprich die ganze Zeit über laut, damit der Recruiter deinen Überlegungen folgen kann. Diese wird er am Ende bewerten.

Wenn der Recruiter dir keine Vorgaben macht, kannst du von einem durchschnittlichen Baum von 30 Metern Höhe mit einer Belaubung im Frühling oder Sommer ausgehen. Eine erste Herangehensweise an dieses Problem besteht darin, dir zu überlegen, wie die Krone eines Baumes aufgebaut ist und welche Informationen du darüber gewinnen kannst.

Grundsätzlich besteht die Baumkrone aus Ästen und Zweigen, an denen die Blätter hängen. Aus dem Stamm des Baumes entstehen grosse Verzweigungen, die wiederum Hauptäste bilden.

An den Hauptästen sitzen die Zweige, die die Blätter tragen. Zunächst solltest du nun eine Annahme zur Anzahl der Blätter pro Zweig treffen. Dies können ca. 40 Blätter sein. Die nächste Frage, die du dir stellen solltest: Wie viele Zweige hat ein Hauptast? Hier kannst du von ca. 30 Zweigen ausgehen. Daraus ergibt sich, dass jeder Hauptast 1.200 Blätter trägt.

Jetzt kannst du die folgende Überlegung anstellen: Wie viele Hauptäste hat ein Baum? Bei einer angenommenen Grösse von 30 Metern kannst du ungefähr schätzen, dass ein solcher Baum über ca. 10 Hauptäste verfügt. Dies ergibt 12.000 Blätter pro Hauptast.

Die Anzahl der Abzweigungen kannst du mit der gleichen Zahl wie die Hauptäste schätzen, was dir ein Ergebnis von 120.000 Blättern liefert.

Lösung:

Der Baum mit der angenommenen Höhe von 30 Metern hat ca. 120.000 Blätter.

(Je nach Annahmen sind selbstverständlich auch andere Lösungen möglich!)